Kalvarienberg
Ein kostbarer Altar in der Barfüßerkirche sollte der Nikolausbruderschaft der „Abenteurer“, also der Fernhandelskaufleute, Schutz und Seelenheil gewähren.
Die Frankfurter Kirchen waren reich ausgestattet mit Retabeln, also gemalten und geschnitzten Altaraufsätzen, die von reichen Frankfurter Familien und Bruderschaften für ihr Seelenheil oder zum Schutz in besonderen Lebenslagen gestiftet wurden. Diese Darstellung des Kalvarienbergs im Historischen Museum ist ein solches Altarretabel. Es hing im 19. Jahrhundert in der Konventsstube des Predigerministeriums, dem Versammlungsort der lutherischen Prediger im ehemaligen Barfüßerkloster. Bei der Überlassung des Gemäldes an das Historische Museum 1879 gab der Historiker und Senior des Predigerministeriums Georg Eduard Steitz (1810-1879) an, es stamme vermutlich aus der 1786 abgerissenen Barfüßerkirche. Steitz darf als ein gut informierter Gewährsmann angesehen werden.
In der Barfüßerkirche hatten verschiedene Bruderschaften einen eigenen Altar, manche auch eine Kapelle, darunter seit 1418 auch die Nikolausbruderschaft der „Abenteurer“. Dieser Bruderschaft gehörten vor allem reiche Kaufleute aus Frankfurt an und Handelsreisende, die zur Messe in die Stadt kamen. Diese Darstellung des Kalvarienbergs könnte als Retabel auf ihrem Altar gestanden haben. 1445 ließ die Bruderschaft ihre Kapelle durch Hans von Metz ausmalen. Die Wandgemälde zeigten Darstellungen aus der Geschichte der Heiligen Nikolaus, Jodocus und Franziskus sowie Engel mit den Marterwerkzeugen Christi und über dem Altar – so der Auftrag – ein Kreuz mit dem Tod Christi, Maria und zahlreiches Volk, also wiederum einen vielfigurigen Kalvarienberg.
Dieser ältere Kalvarienberg des Historischen Museums zeigt die Hinrichtungsstätte Christi vor den Toren von Jerusalem. Der unbekannte Maler erzählt die Leidensgeschichte des Erlösers am Kreuz in übereinander gestaffelten, beinah bildfüllenden Einzelszenen mit vielen kostbar gekleideten Figuren. Am Horizont vor dem Brokatgoldgrund erkennt man die die Stadt Jerusalem.