Der Wäldchestag
„Ums Forschthaus drum erum / is nor die richdig Gegend – / des Pingst-Elysium! – / Das heeßt derr, wann‘s net regent.“ (F. Stoltze, 1873)
Auch Frankfurt hat seinen „Nationalfeiertag“: den Wäldchestag. Der ursprüngliche Anlass des Volksfestes war die 1372 den Frankfurter Bürger/innen vom Kaiser erteilte Erlaubnis, im Stadtwald Brennholz zu sammeln. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts pilgerten sie alljährlich am Dienstag nach Pfingsten in großen Scharen, bepackt mit Speis und Trank, in den Stadtwald und ließen sich rund um das Forsthaus zu einem ausgebreiteten Picknick nieder. Die begüterten Bürger/innen fuhren in ihren Kutschen vor und kehrten ins Wirtshaus ein.
Der am Städel ausgebildete und später selbst dort als Professor tätige Frankfurter Maler Heinrich Hasselhorst hielt das ausgelassene Treiben des Festes auf einem Gemälde fest, das er mit mehreren Bleistiftzeichnungen in seinen Skizzenbüchern vorbereitet hatte. Diese Skizzen verdichtete er im Atelier zu einem vielfigurigen Sittenbild, das die Inspiration durch Gemälde Edouard Manets und Adolph Menzels verrät.
Auf Hasselhorsts Gemälde begegnen sich Bürger, Handwerker und Arbeiter auf Augenhöhe. Schon der Literat Eduard Beurmann hatte 1835 den Wäldchestag als einen politikfreien Raum gesehen, auch weil der Frankfurter an sich unpolitisch sei: „Es giebt im Wäldchen keine Polizei, keine Inquisition, keine Aristokratie, keine Demokratie, keinen Argwohn und keine Revolution, aber doch Freude und Einigkeit. Es giebt im Wäldchen keine Stände – sondern nur Menschen, aber doch – Freude und Einigkeit.“ Sah Hasselhorst das auch so? In seinem Gemälde blieb die Politik nicht ganz ausgespart, stehen sich doch das Rot-Weiß der Frankfurter und das Schwarz-Rot-Weiß der Bundes- oder Reichsfahne gegenüber. Und mitten im Gewühl erkennen wir eine einsame Ordnungskraft mit Frankfurter Pickelhaube. Die Frankfurter Zeitung schrieb am 1.6.1871: „Abgesehen von einigen kleinen Prügelscenen verlief das Waldfest höchst schön.“