Pfeifergerichtsbecher
Ein kaiserliches Privileg befreite Waren, die zur Herbstmesse eingeführt wurden, vom Zoll. Das Pfeifergericht stellte dies in einem Rechtsbrauch dar.
Das Pfeifergericht geht auf die kaiserliche Zollbefreiung der Städte Worms, Nürnberg und Alt-Bamberg auf dem Weg zur Frankfurter Herbstmesse zurück. Jedes Jahr ließen sich die Abgeordneten der drei Städte von dem Frankfurter Schultheißen, der als kaiserlicher Stellvertreter für die Gerichtsbarkeit und Steuereinnahmen verantwortlich war, das Privileg bestätigen. Die früheste Erwähnung stammt aus dem Jahre 1380, das Ritual wurde bis 1802 beibehalten.
Unter Begleitung der Nürnberger Stadtpfeifer zogen die Vertreter der drei Städte in den Kaisersaal und überreichten dem Stadtschultheißen jeweils in einem gedrechselten Holzbecher ein Pfund Pfeffer, ein Paar Handschuhe, ein Stäbchen und Geldgeschenke. Nach der Bestätigung der Zollfreiheit zogen die drei Gesandten unter Marschmusik ab. Die Melodien der drei Pfeifergerichtsmärsche, die auf einer Posaune, Schalmei und Pommer geblasen wurden, sind überliefert. Das Museum bewahrt von den Nürnberger Stadtpfeifern eine Altpommer, ein Holzblasinstrument mit Doppelrohrblatt und konischer Bohrung, von 1767 und eine Tenorposaune von 1797.
In der Museumssammlung gibt es drei Pfeifergerichtsbecher der vom Frankfurter Zoll befreiten Handelsstädte: den Becher aus Alt-Bamberg von 1655, aus Worms von 1698 und aus Nürnberg von 1701. Die Übergabe von Geschenken für die Verleihung von besonderen Rechten war ein im Mittelalter üblicher Brauch. Der mit einem Pfund Pfeffer gefüllte Pokal symbolisierte die Bezahlung des jährlich zu erneuernden Zollprivilegs und die weißbestickten Lederhandschuhe die Anerkennung des Kaisers oder seines Stellvertreters als Zollherrn. Der Gerichtsstab verweist auf richterliche Funktionen. Goethe beschreibt in „Dichtung und Wahrheit“ (1,1) das Pfeifergericht, denn sein Großvater Johann Wolfgang Textor war Frankfurter Stadtschultheiß.