Modell der sogenannten „Boger-Schaukel“, Folterinstrument im KZ Auschwitz
Die Frankfurter Auschwitz-Prozesse brachen in der deutschen Nachkriegszeit das Schweigen über den Holocaust und die nationalsozialistischen Verbrechen.
„Nun aber traten die Überlebenden der Hölle von Auschwitz in den Zeugenstand und entkleideten die Angeklagten ihres Biedermanngewandes.“ (Die Gemeinde, 31. März 1964)
Im ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess von 1963 bis 1965 wurden 22 Angeklagten schwerste Verbrechen im Konzentrationslager Auschwitz zur Last gelegt. Es waren vor allem die Überlebenden, die mit ihren Aussagen eine Wahrnehmung der nationalsozialistischen Verbrechen und eine Diskussion über Verantwortung und Schuld in der deutschen Öffentlichkeit bewirkten.
211 Überlebende von Auschwitz sagten im Prozess als Zeuginnen und Zeugen aus und klärten über den systematischen Massenmord auf. Einer von ihnen war Paul Leo Scheidel, der am 20. März 1964 in den Zeugenstand trat. Im Prozess führte er anhand des hier ausgestellten Modells der gefürchteten „Boger-Schaukel“ vor, wie der Angeklagte Wilhelm Boger ihn und andere Menschen gefoltert hatte, viele bis zum Tod. Dabei wurden dem Opfer die Hände an den Fußgelenken zusammengebunden, die Kniekehlen über eine Stange geschoben, die auf zwei Stützen stand. So hingen Gefolterte wehrlos, kopfüber und unbekleidet an dieser Stange, um von Boger mit Knüppeln geschlagen zu werden.
Scheidel hatte das Modell selbst gebaut, um begreifbar zu machen, was in Auschwitz geschehen war. Viele Zeuginnen und Zeugen hatten sich trotz der bevorstehenden psychischen Qualen entschieden, auszusagen. Oft war damit die Furcht verbunden, dass ihnen nicht geglaubt und sie erneut verhöhnt würden. Für viele Überlebende war die öffentliche Aussage eine Befreiung. Für die neue Generation der „1968er“ in Deutschland war es der Anstoß, gegen die Elterngeneration zu opponieren, die bisher über ihre nationalsozialistische Vergangenheit geschwiegen hatte.