Stuhl aus dem Hüttendorf
Die erste Erweiterung des Frankfurter Flughafens löste in den 1980er Jahren eine der größten Protestbewegungen in der Bundesrepublik aus.
Als 1966 der Hessische Landtag beschloss den Flughafen zu erweitern, ahnte niemand, dass dieser Beschluss einen überregionalen Protest auslösen sollte. Die formal-juristischen Weichen wurden 1973 mit der Eröffnung des Planfeststellungsverfahrens gestellt. Obwohl bei den hessischen Verwaltungsgerichten über 100 Klagen eingingen, gab der Hessische Verwaltungsgerichtshof 1980 die Zustimmung für den Bau.
Die ersten Bürgerinitiativen gegen den Ausbau gründeten sich 1978. Es folgten weitgehend gewaltfreie Massendemonstrationen in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet. Die Bürgerinitiative Mörfelden-Walldorf errichtete ab Mai 1980 eine Hütte auf dem Gelände der geplanten Startbahn, in der sich Spaziergänger/innen informieren konnten. Daraus entwickelte sich ein Dorf mit über 40 Hütten, Baumhäusern und einer Kirche. Am Wochenende bewohnten Aktivisten aus der gesamten Bundesrepublik das Hüttendorf. Sie stellten zum Teil die Möbel selbst her, so auch den Stuhl, zu dem noch ein Tisch gehört.
Am 2. November 1981 wurde das Hüttendorf geräumt. Es kam zu umstrittenen Polizeieinsätzen, da die Polizei sehr heftig gegen die Demonstrierenden vorging. Nach der Räumung begannen unter Polizeischutz die Rodungs- und Bauarbeiten. Mehrere Versuche der Startbahngegner/innen, neue Hüttendörfer zu errichten, wurden von der Polizei verhindert. Die „Startbahn 18 West“ eröffnete am 12. April 1984.
Während einer Demonstration zum Jahrestag der Räumung des Hüttendorfes im November 1987 wurden zwei Polizisten erschossen. Die nie aufgeklärten Morde markierten das Ende der Startbahn-West-Bewegung. Die Hüttenkirche steht seit 1986 am Vitrolles-Ring, der Verbindungsstraße zwischen Walldorf und Mörfelden. Der Flughafen wurde inzwischen nochmals erweitert. Die Proteste halten an, sind aber nicht mehr so massiv wie in den 1980er Jahren.