Die Schneekugel –
8 x Frankfurt
Acht Künstler*innen gestalteten Modelle dieser für Frankfurt typischen Eigenschaften. Einen ersten Einblick gibt es im Trailer auf YouTube.
Frankfurt = Hauptstadt des Verbrechens?
Fast jedes Jahr befindet sich Frankfurt ganz oben in der bundesweiten Kriminalstatistik. Besitzt Frankfurt dieses Image zu Recht? Die US-amerikanische Künstlerin Tracey Snelling interpretiert das Klischee der kriminellen Stadt. Sie hinterfragt, was als kriminell wahrgenommen wird und warum Frankfurt zu diesem Image kommt.
Mit Frankfurt verbinden viele eine kalte, berechnende und profitgierige Stadt mit dem berüchtigten Rotlichtviertel, hartem Drogenmilieu und korrupten Bankern. Frankfurts Spitzenposition in der Kriminalitätsstatistik wird aber vor allem durch seine Eigenschaft als internationales Drehkreuz begründet: Durch Hauptbahnhof und Flughafen sind täglich weit mehr Menschen in Frankfurt unterwegs als hier wohnen. In die Kriminalitätsstatistik werden alle einbezogen, auch die Pendler*innen und Reisenden. Das Schwarzfahren gehört zu den besonders häufig in Frankfurt verübten "Straftaten".
Frankfurt = Bankfurt?!
In Frankfurt haben viele Unternehmen der Finanzbranche ihren Standort. Sie machen die Stadt zum führenden Finanzplatz in Deutschland. Sichtbares Zeichen hierfür sind die Bankentürme, die Frankfurt den Beinamen "Mainhattan" eingebracht haben. Sie inspirierten Jakob Michael Birn zu einem Modell, das den Turmbau zu Babel zitiert, Sinnbild für menschliche Selbstüberschätzung.
Seit dem Mittelalter ist Frankfurt eine wichtige Handels- und Messestadt. Die Stadt profitierte von ihrer zentralen Lage und von ihrer Bedeutung als Wahl- und Krönungsstadt der deutschen Könige. 1240 und 1330 erhielt Frankfurt kaiserliche Messeprivilegien, die den Handel und damit einhergehend auch die Geld- und Kreditwirtschaft förderten. Auf den Herbst- und Frühjahrsmessen trafen sich Kaufleute aus den großen Handelszentren Eropas, die alle in ihren Währungen bezahlten. Auf Intiative auswärtiger Kaufleute einigte man sich 1585 erstmals auf festgelegte Wechselkurse – die Börse war gegründet!
Frankfurt = Industriestadt?!
Frankfurt präsentiert sich als Stadt der Banken und Dienstleistungen. Für das Einkommen der Stadt spielt aber die Industrie eine viel größere Rolle! Bis heute wird in Frankfurt produziert, die Standorte verteilen sich auf das gesamte Stadtgebiet und fallen daher kaum auf. Mit seinem Modell schafft Rob Voerman eine verdichtete Darstellung der Orte, Produkte und Personen des industriellen Frankfurt.
Das Markenzeichen von Frankfurt ist die Kombination unterschiedlicher Branchen. Frankfurts Weg in die Industrialisierung begann erst ab den 1870er Jahren. Zu deser Zeit war die Infrastruktur schon weit entwickelt, die Verkehrswege waren gut ausgebaut, Frankfurt konnte gleich auf hohem Niveau einsteigen. Die 1884 neu eingeführte städtische Bauordnung erlaubte es, "belästigende Betriebe" nun auch im Stadtgebiet zu bauen. Bis heute zeugen noch viele rote Backsteingebäude an den Rändern der Innenstadt von Frankfurts industrieller Vergangenheit. Und auch das erste Frankfurter Hochhaus aus dem Jahr 1926 gehörte nicht einer Bank, sondern der Firma Mouson, die dort Parfüm herstellte.
Frankfurt = Drehscheibe?!
Durch Frankfurt führen schon immer viele Wege. Frankfurt hat sich als wichtige Drehscheibe für Flug-, Auto- und Bahnverkehr einen Namen gemacht. Ihre günstige geografische Lage im Herzen Europas machte sie auch zu einem Wirtschafts- und Handelszentrum. Edwin Zwakman visualisiert in seinem Modell die Stadt als Drehscheibe und Knotenpunkt für Menschen, Waren, Kapital und Daten.
Schon in der Gründungssage von Frankfurt spielt der Verkehrsknotenpunkt eine tragende Rolle: Auf der Flucht vor den Sachsen stieß der Franke Karl der Große auf den Main. Eine weiße Hirschkuh, die mit ihrem Kalb den Fluss an einer Furt überquerte, wies Karl und seinem Gefolge den Weg auf das andere, sichere Ufer. Die Hirschkuh hat es wohl niemals gegeben, die Furt hingegen schon – sie gab der Ansiedlung um 794 ihren Namen. Dank der kaiserlichen Privilegien und als reichsunabhängige Stadt entwickelte sich Frankfurt schon im Mittelalter zu einer wichtigen Handels- und Messestadt. Tagtäglich kamen hier Menschen aus aller Welt an. Heute noch ist Frankfurt eine Stadt der Pendler*innen, jeden Morgen machen sie Frankfurt zur Millionenstadt.
Frankfurt = Heimliche Hauptstadt?!
Frankfurt ist seit dem Mittelalter ein politischer Zentralort in Deutschland – auch wenn es nie eine "Hauptstadt" im Sinn der Verfassung war. Marc Giai-Miniet zeigt in seinem Modell die Geschichte und Facetten der "heimlichen Hauptstadt".
Nach dem Zweiten Weltkrieg wäre Frankfurt fast die Hauptstadt der neuen Bundesrepublik Deutschland geworden. Auch wenn Frankfurt nie eine richtige Hauptstadt war, hatte sie doch seit dem Beginn der Geschichte Hauptstadtfunktionen: Das Ostfrankenreich der Karolinger im 9. Jahrhundert hatte hier sein Zentrum, seit dem 12. Jahrhundert wurden die Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation hier gewählt und zum Teil auch gekrönt. Zwischen 1816 und 1866 tagte hier der Deutsche Bund und machte Frankfurt so zu einer Hauptstadt im Verfassungssinn. Die erste deutsche Nationalversammlung 1848/49 kam in der Frankfurter Paulskirche zusammen. Frankfurt sollte die Hauptstadt eines neuen Deutschen Reiches werden, was sich allerdings nie durchsetzte.
Frankfurt = kritische Stadt?!
Frankfurt gilt als eine Stadt des Eigensinns, des Protests und der Kritik. Ohne das gedruckte Wort wäre der kritische Geist nicht weit gekommen. In seinem Modell stellt Florian Göttke die über Jahrhunderte ungebrochene Verbindung zwischen Wort und Kritik dar.
Frankfurt ist eines der Zentren, von dem aus sich der Buchdruck seit seiner Erfindung um 1540 durch Johannes Gutenberg verbreitete. In Frankfurt hatte er einige Jahre an seiner bahnbrechenden und weltverändernden Erfindung gearbeitet. Die ersten Exemplare seiner berühmten Bibel wurden auf der Frankfurter Messe verkauft. Seit dem 15. Jahrhundert ist für Frankfurt eine Buchmesse belegt, heute ist die Frankfurter Buchmesse einer der wichtigsten Branchentreffs der Bücherwelt.
Frankfurt = jüdische Stadt?!
Frankfurt hat eine über fast neun Jahrhunderte ungebrochene jüdische Tradition – länger als in jeder anderen Stadt Deutschlands. Die Frankfurter jüdische Gemeinde war und ist eine der größten in Deutschland. In Stephan Mörschs Modell sind wichtige Orte und Momente des jüdischen Lebens in Frankfurt festgehalten.
1462 entstand mit der Judengasse das erste Ghetoo in Europas. Für vier Jahrhundert war sie der einzige Ort in Frankfurt, wo Personen jüdischen Glaubens wohnen durften. Obwohl als Zwangsmaßnahme eingerichtet, entwickelte sich hier eine jüdische Gemeinde, wie sie in der Frühen Neuzeit an keinem anderen Ort in annähernd vergleichbarer Größe vorhanden war. Zahlreiche bekannte jüdische Familien, wie die Rothschilds und die Franks lebten ursprünglich hier, genauso wie berühmte Rabbiner, die Frankfurt als "Mutter aller Gemeinden" zu einem Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit machten.
Frankfurt = ewige Baustelle?!
In keiner anderen deutschen Großstadt gibt es eine Bautätigkeit, die mit derjenigen in Frankfurt seit den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs vergleichbar ist. Daniel Verkerks Modell zeigt die Stadt im ewigen Umbau.
Das Frankfurter Stadtbild ist von ständigem Umbau geprägt: Hier gibt es immer mehrere Großbaustellen mit hoch aufragenden Kränen gleichzeitig, sowohl im Herzen der City als auch an der Peripherie. Es sind v.a. die Kräne, die das Stadtbild kennzeichnen. Ältere Gebäude stehen wie Inseln im Stadtraum, aus früheren Epochen haben nur Fragmente überlebt. In Frankfurt gibt es immer wieder große Neubauprojekte, um historische Gebäude zu rekonstruieren, so wie die "neue Altstadt", die rund um den Dom entstanden ist.