Brotkorb aus der Eppsteiner Str. 47
Zwischen 1970 und 1974 wurden durch den Häuserkampf im Westend viele historische Villen gerettet: Es war der Beginn der deutschen Hausbesetzungsbewegung.
Im ehemaligen großbürgerlichen Wohnviertel, das im Zweiten Weltkrieg fast unzerstört geblieben war, sollten die Villen des 19. Jahrhunderts durch Bürogebäude ersetzt werden.
Die Stadt wies in den 1960er Jahren das Westend als City-Erweiterungsgebiet für die Wirtschaft aus. Der „Fingerplan“ von 1967/68 sah hohe Bürogebäude für Banken und Versicherungen vor. Die Stadt erteilte großzügig Genehmigungen für Abriss der Villen und Neubebauung der Grundstücke. Nicht auszugswillige Mieter, vor allem Familien und Studierende, wurden durch Schikanen vertrieben. Der Widerstand gegen die Zerstörung nahm zu. Sowohl Bürger und Bürgerinnen als auch die starke Studentenbewegung wehrten sich gegen Spekulation, Leerstand und Zerstörung. Damals gründete sich als frühe Form bürgerlichen Protests die „Aktionsgemeinschaft Westend“.
Die Besetzung von fünf Wohnungen im Haus der Eppsteiner Straße 47 am 18./19. September 1970 war die erste Hausbesetzung in der Bundesrepublik und der Auftakt für weitere Besetzungen im Westend. Im Haus wohnte bereits eine studentische Wohngemeinschaft, die sich gegen die Entmietung wehrte und die anderen Wohnungen besetzte. Sie luden Arbeiter und Familien ein, das Haus herzurichten und zu bewohnen.
Aufgrund der Proteste und der breiten Unterstützung durch die Bevölkerung stand die Stadt im Zugzwang. Trotzdem kam es oft zu Räumungen durch die Polizei, die zum Teil in Straßenschlachten ausarteten. Die „Hessische Verordnung gegen Wohnraumzweckentfremdung“ 1972 oder das zwei Jahre später verabschiedete Denkmalschutzgesetz verstärkten den Schutz. Von den erhaltenen Villen wurden viele entkernt und in Büros verwandelt.
Der Brotkorb gehörte einem Bewohner der WG, Til Schulz. Er und seine Mitbewohnerinnen hatten es nach mehreren Prozessen geschafft, in der Eppsteiner Straße wohnen bleiben zu können.