Weekend T50L
Mit diesem Radio lernte der italienische „Gastarbeiter“ Giuseppe Bruno Deutsch.
Im Juli 1962 verließ Giuseppe Bruno (1945-2014) seinen Heimatort Butera auf Sizilien. Er war damals 16 Jahre alt. Sein Ziel war Frankfurt, wo sein Vater bereits „Gastarbeiter“ war. Im Gepäck hatte er Träume von einem besseren Leben, von Reichtum, Freiheit und auch von Mädchen. In Frankfurt fand er sofort Arbeit, mit Deutschen kam er aber nicht in Kontakt. Die Sprache war ein unüberwindbares Hindernis. Giuseppe Bruno wollte Deutsch lernen, seiner Erinnerung nach wollte aber niemand mit ihm sprechen. Deshalb beschloss er, ein Radio zu kaufen. In seiner Biografie „Der Zug in die Fremde“ schrieb er:
„Mein Gehalt musste ich immer bei meinem Vater abliefern[…]. Nach der dritten Abrechnung fragte ich, ob ich ein Radio kaufen dürfte. Und, oh Wunder, er erlaubte es mir! [In] einem Radio-Geschäft [...] kaufte ich mir mein erstes Radio – auf Raten. Das Gerät kostete 60 Mark. Ich machte den Kredit auf fünf Mark monatlich. Von da an hörte ich jeden Tag deutsche Sender: Wenn ich immer Deutsch reden hörte, würde ich es auch lernen!“ Deutsch lernte Bruno auch mit Radio-Sprachkursen. Das Hören war für ihn wichtig, da er nie richtig schreiben gelernt hatte – sein Vater hatte ihn nur drei Jahre zur Schule gehen lassen. Umso bemerkenswerter ist es, dass er seine Erinnerungen niederschrieb, auf Deutsch!
Giuseppe Bruno engagierte sich für die öffentliche Anerkennung der „Gastarbeiter“ und ihrer Leistungen, sowohl in Deutschland als auch in den Heimatländern, die seiner Meinung nach ebenso von der Emigration profitiert hatten. Auf seine Initiative hin beschloss der Magistrat 2001, ein Gastarbeiterdenkmal aufzustellen. Das Denkmal ist bis heute nicht errichtet. In Butera erinnert seit 2012 ein Denkmal an die Emigrant/innen.
2013 gab Giuseppe Bruno, der seit 2012 Autor der „Bibliothek der Generationen“ ist, dem Museum unter anderem das Radio.