Zum Inhalt Zum Hauptmenü Zur Suche Zum Footer

Aktuelle Ergebnisse aus der Provenienzforschung

Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts war das Gemälde „Knabe am Bach" von Hans Thoma im Besitz des Frankfurter Konsuls Karl Kotzenberg, welcher das Werk 1922 nach Schleswig-Holstein in die Sammlung von Siegfried Buchenau verkaufte. Dessen Witwe veräußerte das Bild 1939 an den Münchner Kunsthändler Karl Haberstock, der das Bild im Auftrag für das von Adolf Hitler geplante sogenannte „Führermuseum" in Linz erwarb.
Nach Ende des Krieges gelangte das Gemälde über die amerikanischen Alliierten erst in den Münchner Central Collecting Point und später in den Besitz der Bundesrepublik Deutschland, verwaltet durch das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV). Dessen Nachforschungen haben ergeben, dass keinerlei Hinweise auf einen unfreiwilligen oder erzwungenen Verkauf durch die Witwe Buchenau vorliegen, sondern es sich um einen regulären Verkauf gehandelt hat. Die Provenienz gilt damit als geklärt und unbedenklich.
Heute befindet sich das Gemälde „Knabe am Bach" von Hans Thoma erneut in Frankfurt, es ist seit 1966 eine Leihgabe des Bundes an das Historische Museum.
 
Siehe auch:
http://www.dhm.de/datenbank/linzdb/

B.1966.34 Hans Thoma: Knabe am Bach, 1880, 88 x 69 cm, Öl auf Leinwand

Das Porträt des Frankfurter Architekten Oskar Pichler (1826-1856), u.a. Erbauer der Heinrich Hoffmann´schen "Anstalt für Irre und Epileptische", stammte aus dem Besitz der Enkelin des Dargestellten, Fräulein Klara Valentin. Diese verkaufte das Gemälde im April 1937 für 150 Mark an das Historische Museum, nach Ansicht der verstorbenen Mutter habe das Bild  „frankfurterischen" Wert gehabt und sollte ihrem Wunsch nach in den öffentlich Besitz übergehen. Auch in den Jahren davor und danach bis einschließlich 1955 kam es zu Schenkungen und Verkäufen von Fräulein Valentin an das Historische Museum, u.a. Kleidung, Kinderspielzeug und Alltagsgegenstände. Klara Valentin, Oberschullehrerin, war die Schwester des bekannten Historikers Dr. Veit Valentin (1885-1947), ihrer beider Mutter Karoline Valentin, geb. Pichler, die Tochter des Dargestellten.

B 1791, Wilhelm Ludwig von Lindenschmidt (1809-1893), Porträt des Architekt Ernst Oskar Pichler (1826-1865)

1931 erklärte der gebürtige Frankfurter Eugen Hoerle, dass er diese zwei Porträts seiner Vorfahren der Stadt Frankfurt am Main schenken wolle. Er stammte aus einer evangelischen Apotheker-Familie, die Hoerles hatten u.a. die Schwanen- sowie die Engelapotheke betrieben. Die Schwester Cäcilie Hoerle war kurz zuvor verstorben, sie war wie er kinderlos und unverheiratet geblieben. Eugen Hoerle plante daher, einen Teil seines Besitzes noch zu Lebzeiten der Stadt Frankfurt zu schenken, einen weiteren Teil wollte er nach seinem Tod der Stadt vermachen. 1934 kam es zur Schenkung der beiden Porträts; 1941 starb Hoerle im Alter von 80 Jahren eines natürlichen Todes und hinterließ der Stadt Frankfurt wie angekündigt weitere Kunstgegenstände, vorwiegend Graphiken mit Frankfurter Motiven sowie Portraits und Fotographien weiterer Hoerle-Familienmitglieder.

B 1734, Bildnis der Anne Ester Perret, geb. Johannot d'Annonnay
B 1733, Bildnis des Herrn J.J. Perret

Die Frankfurter Malerin und Jüdin Erna Auerbach (geb. 1897) verließ zusammen mit ihrer Schwester Ilse (geb. 1900), einer Juristin, das Deutsche Reich kurz nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Jahr 1933. Die beiden Frauen gingen nach London, wo sie sich erfolgreich ein neues Leben aufbauten. Einige Jahre später folgte ihnen auch die verwitwete Mutter Emma Auerbach aus Frankfurt nach. Dieses Selbstportrait Erna Auerbachs entstand im Jahr 1932 und ist damit eines der letzten Bilder, welches sie in ihrer Geburtsstadt malte. Sie verstarb 1975 in London. In den frühen 1980er Jahren erwarb das Historische Museum das Gemälde aus dem Frankfurter Kunsthandel, wohin es aus dem Besitz eines Londoner Juristen gelangte – dieser war der Ehemann der Schwester der Künstlerin, beide hatten den Nachlass Erna Auerbachs in Verwahrung.

Portraitdarstellungen der Ehepartner Adolph und Klementine von Reinach sowie Louis und Hermine Bolongaro-Crevenna

Die insgesamt vier Portraitdarstellungen der Ehepartner Adolph und Klementine von Reinach sowie Louis und Hermine Bolongaro-Crevenna stammen aus dem Nachlass des wohlhabenden Frankfurter Bürgerpaares Albert und Antonie von Reinach geb. Bolongaro-Crevenna.
 
Albert (*1842), Bankier und Geologe, war bereits 1905 verstorben; genau wie seine Frau Antonie (*1847) war er zeitlebens großzügiger Spender und Stifter für viele Frankfurter Einrichtungen. Die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft wurde sehr von ihm begünstigt und seine Frau stiftete u.a. eine große Summe zur Errichtung der Erdbebenwarte auf dem Kleinen Feldberg. Darüber hinaus spendeten beide für karitative und soziale Zwecke.
 
Nach dem natürlichen Tod von Antonie von Reinach im März 1933 wurden die vier Porträts sämtlich durch den langjährigen Juristen und Testamentsvollstrecker des Ehepaares, Justizrat Dr. Wolfgang Schmidt-Scharff, dem Historischen Museum überwiesen. Da dieser einen Teil aus dem Nachlass der von Reinachs geerbt hatte, ist nicht klar, ob es eine Stiftung nach testamentarischem Willen an das Historische Museum war oder ob Justizrat Schmidt-Scharff die Stücke persönlich geerbt hatte und sie anschließend dem Historischen Museum stiftete. In beiden Fällen jedoch liegt kein NS-verfolgungsbedingter Entzug oder Verkauf vor.
 
Georg Wittemann, Portrait Ludwig (gen. Louis) Bolongaro-Crevenna, Öl auf Leinwand, 38 x 28,6 cm

Das Gemälde „Waldlandschaft mit Gebäude" von Karl Peter Burnitz erwarb das Historische Museum 1941 von dem Frankfurter Kunsthändler Joseph Fach, der eine gleichnamige Kunsthandlung in der Westendstraße 7 besaß. Bis 1937 war das Gemälde laut zeitgenössischem Werkverzeichnis im Besitz von „Frau Bernhard Kahn, Frankfurt am Main" und somit Teil der  Gemäldesammlung des Frankfurter Ehepaares Bernhard (1857-1917) und Anna Kahn, geb. Massenbach (1869-1943). Bernhard Kahns Vater Hermann hatte gemeinsam mit seinem Bruder Leopold 1864 das Bankhaus "Kahn & Co." in Frankfurt gegründet, das Bernhard Kahn bis zu seinem Tod 1917 und danach Anna Kahn weiterführten. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden Wohnung und Immobilienbesitz von Anna Kahn enteignet. Sie war in der Folge gezwungen, Teile der Gemäldesammlung wie auch das vorliegende zu verkaufen. Nach der Deportation ins KZ Theresienstadt Anfang September 1942 starb sie am 13. Januar 1943 unter ungeklärten Umständen. Ihre Wohnungseinrichtung mitsamt der wertvollen Gemäldesammlung waren noch 1942 beschlagnahmt worden.
Das Historische Museum Frankfurt dankt Rainer Bunz für diese Informationen. Er arbeitet an einer historischen Abhandlung zur Geschichte der Frankfurter Bankiersfamilie Kahn. 
 
Karl Peter Burnitz (1824-1886), Waldlandschaft mit Gebäude, 49 cm x 61 cm, Inv.-Nr. B1828, CC-BY-SA 4.0: HMF

Zu einem der Sammlungsverluste des Historischen Museums zählt dieses Gemälde des Hanauer Künstlers Reinhold Ewald von 1934 – daher existiert leider heute nur noch diese mittelmäßige Reproduktion aus einer zeitgenössischen Tageszeitung. Richard Merton als Vertreter des Instituts für Gemeinwohl schenkte das Werk im Spätsommer 1934 der Stadt Frankfurt bzw. dem Historischen Museum. Der Frankfurter Industrielle und Kunstliebhaber mit jüdischen Wurzeln unterstrich die Schenkung mit den Worten: „als dauerndes Erinnerungszeichen an die geschichtliche Periode, die wir erleben“. Er wusste zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass er wenige Jahre später Opfer der nationalsozialistischen Politik werden und zur Auswanderung gezwungen sein würde. Laut der erhaltenen Beschreibung ist das Bild eine Glorifizierung des deutschen Arbeiters und seiner Rolle in Nazi-Deutschland. Neben verschiedenen Darstellungen werktätiger Männer und Frauen zeigt das Bild einen mit Hakenkreuz-Flaggen geschmückten Platz, aufmarschierende Truppen von SA, SS, HJ sowie führende Nationalsozialisten.
 
Reinhold Ewald: "Gruß an die Deutsche Arbeit", Ausschnitt aus Frankfurter Volksblatt vom 02.12.1934; CC-BY-SA 4.0: HMF

Der ehemalige Besitzer des Gemäldes „Stillleben mit Gemüsehändlerin”, der Frankfurter Kaufmann Otto May (geb. 19.06.1880 in Hanau), starb am 25.03.1938 und wurde zwei Tage später auf dem Jüdischen Friedhof in der Rat-Beil-Straße beerdigt. Die Regelung seines Nachlasses übernahm ein Rechtsanwalt namens Dr. Max Strupp. Strupp war Jude und wurde im November 1938 nach der sogenannten „Reichskristallnacht” zunächst in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Nach seiner Freilassung erhielt er ab dem 01.12.1938 Berufsverbot. Im Februar 1939 gelang ihm die Flucht in das argentinische Buenos Aires.

Den Nachlass von Otto May konnte und durfte Strupp aus dem Exil nicht weiter bearbeiten, daher übernahm der nicht-jüdische Rechtsanwalt Dr. Willi Pape (Fachfeldstraße 1, Frankfurt) die weitere Regelung. Willi Pape beauftragte den Frankfurter Kunsthändler Rudolf Schrey (Goldgrubenstraße 38) mit der Veräußerung des Gemäldes aus dem Nachlass von May. Schrey bot das Gemälde Anfang des Jahres 1939 zuerst dem Städel-Museum zum Kauf an, doch nach Ansicht des damaligen Städel-Direktors Ernst Holzinger war ein Erwerb des Gemäldes unmöglich, da er die Forderung des Kunsthändlers von 3.600 RM als „ganz wesentlich zu hoch” empfand.
Einige Zeit später erwarb der Verein für das Historische Museum das Gemälde unter dem Namen „Küchenstillleben mit Magd und Jäger” zum deutlich geminderten Preis von 1.500 Reichsmark von Rudolf Schrey.

Verschiedene Fragen müssen bei diesem Ankauf bisher leider offen bleiben: War Otto May eines natürlichen Todes gestorben oder war er gewaltsam und als Folge nationalsozialistischer Verfolgung zu Tode gekommen? Existierten keine Nachkommen, Erben oder Familieangehörige? Gab es ein Testament? Hatte schon Max Strupp den Kunsthändler Rudolf Schrey mit der Veräußerung des Gemäldes beauftragt oder war zu Beginn der Nachlass-Abwicklung ein anderer Kunsthändler mit dem Verkauf beschäftigt? Möglicherweise war Hugo C. Koch ursprünglich mit dem Verkauf betraut gewesen, ein Frankfurter Kunsthändler und Jude. 1938 war er noch der Auftraggeber der Beerdigung von Otto May; 1939 musste auch er das Deutsche Reich verlassen und floh nach London.
 
Jeremias van Winghe (1578-1645), Stillleben mit Gemüsehändlerin (Küchenszene), 1613, 116 cm x 146 cm, Inv.-Nr. B1792; CC-BY-SA 4.0: HMF

Dieses dem Historischen Museum im Jahr 1937 geschenkte Gemälde zeigt einen selbstbewussten Herrn bei seiner Arbeit, den Bereiter Ludwig „Louis" Fischer. Er war, wie schon sein Vater, am Fürstenhof von Thurn und Taxis in Regensburg angestellt; später ging er nach New York, wo er selbst eine Reitschule eröffnete. Louis Fischer sitzt aufrecht, hat den Blick fest auf den Betrachter gerichtet. Sein Pferd trabt schwungvoll mit wehender Mähne und Schweif. Der unbekannte Maler Bunger hat das Paar festgehalten im kurzen Moment der Schwebephase, alle vier Hufe befinden sich in der Luft.

Schenkerin des Bildes war die Nichte des Dargestellten, Fräulein Charlotte „Lolo" Fischer. Sie wurde 1874  in Frankfurt in eine evangelische Familie geboren, war als Journalistin und Schriftstellerin tätig und veröffentlichte ihre Werke unter anderem auch unter dem Anagramm „Olli Scherfo". Vor und nach 1945 schenkte sie dem Historischen Museum Objekte aus Familienbesitz, diverse Fotografien, zwei Silberbecher, einige Miniaturbildnisse Familienmitglieder darstellend, offenbar aus persönlicher Verbundenheit zur Stadt und dem Haus. Sie verlebte die gesamten 12 Jahre der nationalsozialistischen Regierung in Frankfurt und der näheren Umgebung, 1945 zog sie nach Bad Homburg, wo sie Heiligabend 1951 verstarb. Ihr künstlerischer Nachlass befindet sich in der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main.
 
B1527, Bunger, „Bildnis des Herrn Louis Fischer zu Pferd", um 1860

Das Gemälde „Ansicht von Frankfurt” des Malers Friedrich Ernst Morgenstern sollte ursprünglich zusammen mit vielen anderen Objekten aus ehemaligem jüdischen Besitz am 16. September 1942 in der Turnhalle der früheren Klingerschule im Mauerweg in Frankfurt zur Versteigerung kommen. Doch der Städel-Direktor und gleichzeitige Sachverständige für die „Sicherung und Verwertung von deutschem Kulturgut aus jüdischem Besitz”, Dr. Ernst Holzinger, ordnete an, dieses Gemälde aus der Auktion zurückstellen zu lassen, um es „für die Zwecke des Reiches” „zu sichern und zu verwerten”, wie er im damals üblichen Sprachgebrauch erklärte. Seiner Meinung nach stelle das Bild in künstlerischer Form einen Zustand der Stadt Frankfurt dar, der nicht mehr bestehe, sei also als historisches Dokument zu bewerten. Das Stadtgeschichtliche Museum habe die Aufgabe, gerade solche Stadtbilder zu sammeln, so Holzinger. Und tatsächlich erwarb das Stadtgeschichtliche Museum im Herbst 1943 schließlich dieses Gemälde aus ehemaligem jüdischen Besitz von der Reichsfinanzverwaltung für 800 Reichsmark.

Die „Ansicht von Frankfurt” verblieb nicht lange im Bestand des Museums. Zusammen mit zwei weiteren Bildern wurde sie 1957 beim Frankfurter Kunsthändler Wilhelm Henrich eingetauscht gegen das Gemälde „Höfisches Paar in einem Zigeunerlager” von Johann Conrad Seekatz.
 
Friedrich Ernst Morgenstern (1853-1919), Ansicht von Frankfurt, Öl auf Leinwand, 45 x 60,5 cm, 1899, Inv.-Nr. B.1957.01; CC-BY-SA 4.0: HMF

Das Erwerbungsdatum 1938 war ausschlaggebend für weitere Nachforschungen bei diesem Objekt aus der Sammlung der Musikinstrumente. Der Giraffenflügel, um 1820 von Carl August André in Frankfurt erbaut, verdankt seinen Namen der flügelförmigen Bauart, die am oberen Ende mit einer Volute abschließt und dadurch entfernt an die Silhouette einer Giraffe erinnert.

Das Historische Museum erwarb den Flügel 1938 aus der Sammlung Neupert aus Nürnberg. Johann Christoph Neupert hatte 1868 eine Manufaktur für historische Tasteninstrumente gegründet, die noch heute in vierter Generation besteht. Weitere Recherchen zur Vorgeschichte des Giraffenflügels ergaben jedoch schließlich, dass sich das Instrument schon 1927 in der Sammlung Neupert befand. Damals war der Flügel in der internationalen Ausstellung Musik im Leben der Völker in der Frankfurter Festhalle zusammen mit weiteren Instrumenten der Sammlung ausgestellt. Der Verdacht, dass es sich hierbei um einen unklaren Zugang nach 1933 handeln könnte, ist damit unbegründet.

Giraffenflügel, Mahagoni, erbaut von Carl August André, um 1830, Frankfurt, Inv.-Nr. X29934, CC-BY-SA 4.0: HMF, Foto: Uwe Dettmar

"Am 6.4.1937 gekauft durch Sonderbewilligung" ist im Eingangsbuch des Historischen Museums Frankfurt für das Porträt von Frau Eiser, gemalt von Hans Thoma, vermerkt. Dieser Eintrag war Ausgangspunkt dafür, die Herkunft des Gemäldes genauer zu untersuchen.

Sophie Eiser und ihr Mann Otto waren seit Beginn der 1870er Jahre eng mit dem Maler Hans Thoma befreundet. Als leidenschaftliche Sammler seiner Werke ließen sie sich und ihre Familie im Laufe ihres Lebens mehrfach von Thoma porträtieren. Ursprünglich befand sich dieses Ölgemälde im Besitz der Dargestellten. Die Sammlung sollte nach dem Tod der Ehepartner zusammen mit den Thoma-Gemälden des befreundeten Ehepaares Küchler geschlossen an die Nachwelt übergehen. 34 dieser aus dem Eiser-Küchler´schen Nachlass stammenden Gemälde, welche später alle der Thoma-Gesellschaft zufielen, wurden 1925 der Öffentlichkeit präsentiert, doch dieses Portrait von Sophie Eiser war nicht darunter. Erst 1931 tauchte es im „Führer durch die Thoma-Sammlung und Archiv” der Hans-Thoma-Gesellschaft erneut auf – allerdings war nicht die Gesellschaft die Eigentümerin, sondern ein unbekannter Leihgeber.

Im Januar 1933 versuchte der Frankfurter Kunsthändler Wilhelm Schumann das „Bildnis von Frau Sophie Eiser (dunkles Kleid, Rosen in der Hand)” über die Münchner Galerie Heinemann für 1.500 Reichsmark zu verkaufen. Vier Jahre später bot Carl Müller-Ruzika, ebenfalls ein Frankfurter Kunsthändler, das Gemälde dem Historischen Museum (damals Stadtgeschichtliches Museum) an. Da zu dem Zeitpunkt der reguläre Ankaufsetat des Hauses für das Rechnungsjahr bereits ausgeschöpft war, wurde der Oberbürgermeister gebeten, den Erwerb zu finanzieren. Zwischenzeitlich hatte der Kaufpreis sich erheblich gesteigert: 3.800 Reichsmark wurden benötigt und schließlich vom Oberbürgermeister aus besonderen, ihm zur Verfügung stehenden Mitteln bewilligt und das Gemälde damit erworben. So erklärten sich der Vermerk im Eingangsbuch des Historischen Museums und im Verlaufe der Recherche danach auch die skizzierten Hintergründe zum Bild. Unklar blieb jedoch bislang immer noch, in wessen Auftrag Müller-Ruzika agierte oder wer der Vorbesitzer des Gemäldes war.

Das Porträt von Frau Sophie Eiser, Öl auf Leinwand, 100 x 75 cm, Gemälde von Hans Thoma, 1886, Inv.-Nr. B 1717; CC-BY-SA 4.0: HMF

Im Jahr 1935 erwarb das damals Stadtgeschichtliche Museum Frankfurt ein Porträt aus dem Familienbesitz der Antonis. Der Dargestellte war der sogenannte Tollhausverwalter Anton Antoni, Verwalter der hiesigen Nervenheilanstalt unter dem berühmten Direktor Heinrich Hoffmann. Bei der Verkäuferin des Bildes handelte es sich um Antonis Urenkelin Luise Kahl. Nach eigenen Angaben war sie zu Beginn der 1930er Jahre verschuldet. Der Bericht des Städtischen Fürsorgeamtes zur Situation der Verkäuferin wusste noch weitere Details: der Sohn von Luise Kahl aus erster Ehe sei arbeitslos, so dass sie ihn unterstützen müsse. Ihre zweite Ehe verlaufe unglücklich, der Mann habe seine feste Stellung verloren und arbeite nun auf Provision als Weinreisender, hieß es.

Doch trotz dieser ungünstigen Lage wollte Luise Kahl dennoch nicht auf die Almosen des Fürsorgeamtes zurückgreifen müssen: Daher entschied sie sich zu Beginn des Jahres 1935 für den Verkauf des Gemäldes. Schließlich erwarb die Stadt Frankfurt das Porträt zu einem Preis von 125 Reichsmark. Bezahlt wurde dieser Betrag nicht vom Museum, sondern aus „besonderen Fonds des Oberbürgermeisters” Friedrich Krebs, denn der museumseigene Ankaufsetat hätte diese Erwerbung nicht zugelassen.
 
Frankfurter Meister, Bildnis des Tollhausverwalters Anton Antoni, 65 x 53 cm, Pastell auf Pergament, 1820, Inv.-Nr. B1623 CC-BY-SA 4.0: HMF, Foto: U. Seitz-Gray

Am 6. Januar 1936 gelangten drei Gemälde in den Besitz des Museums, die der damalige Oberbürgermeister Krebs aus Mitteln der Stadtgemeinde bezahlt hatte. Angeboten wurden sie von der 88-jährigen Witwe Sophie Barget, die in der Vilbeler Straße 26 eine große Wohnung im 2. und 3. Stock bewohnte und trotz teilweiser Untervermietung der Räume in Mietverzug geraten war. Um diesen zu tilgen, bot sie der Stadt drei Portraits an, die zwei Frankfurter Bürger (einen Mann und eine Frau) sowie Maria Johanna von Heyden zeigen. Das Stadtgeschichtliche Museum war zwar bereit, die Bilder zu übernehmen, hatte allerdings kein Geld für Bilder, die „künstlerisch nicht besonders wertvoll sondern lediglich geschichtlich durch ihre Darstellung Alt-Frankfurter Bürger und der zu jener Zeit geltenden Mode” interessant seien. Daher ließ der Oberbürgermeister die vereinbarten 150 RM auf das Konto von Frau Barget überweisen, die sich im Gegenzug verpflichtete, das erhaltene Geld zur teilweisen Abdeckung des Mietrückstands zu verwenden.

Unter dem Namen Barget finden sich jedoch nicht nur diese drei Bilder als Ankäufe des Museums. Zwischen dem 23.6.1908 und dem 1.2.1918 wurden mehr als 30 Gemälde und Gegenstände vom Antiquitätenhändler Johann Carl Barget in der Vilbeler Straße 26 angekauft, vermutlich einem Ehemann Sophie Bargets. Darunter befinden sich Möbel genauso wie Skulpturen und Geschirr, aber auch ein Pfeifenkopf und eine Branntweinflasche. Ab 1928 bis zum 6.1.1936 taucht Sophie Barget auch selbst als Verkäuferin von insgesamt vier Gemälden und einem Kirchenstuhlschild auf. Alle von den Bargets gekauften Gemälde zeigen Frankfurter Bürger des 19. Jahrhunderts, neben Maria Johanna von Heyden sind auch Johann Tobias Nestle und seine Frau Anna Dorothea Nestle, sowie Sophie von Holzhausen namentlich bekannt.
 
Die Nachforschungen zur Provenienz der drei 1936 angekauften Gemälde lassen nicht auf eine unrechtmäßige Erwerbung von jüdischen Vorbesitzern schließen. Obwohl nicht eindeutig nachzuvollziehen ist, seit wann sich die drei Bilder im Besitz von Frau Barget befunden haben, ist es unwahrscheinlich, dass sie nicht rechtmäßig erworben wurden. Der Erwerb durch das Museum kann also aus Sicht der Provenienzforschung als unbedenklich eingestuft werden.

Christian Heinrich Johann Hanson (1790-1863), Maria Johanna von Heyden, 1821, 65 x 56 cm, B1729 CC-BY-SA 4.0: HMF

Am 14. Mai 1940 bot der Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. Kressmann aus Kassel-Wilhelmshöhe dem Städel das Portrait des Dr. Bruno Claus zum Kauf an. Der Korrespondenz zwischen Kressmann und dem damaligen Städel-Direktor Ernst Holzinger ist zu entnehmen, dass das Bild aus dem Nachlass der verstorbenen Frau Anna Rudolph, geb. Crüger, stammt, deren Haushalt vor der Auflösung stand. Sie war verheiratet mit dem Oberregierungsrat Carl Rudolph (1841–1915) aus Kassel. Das Portrait zeigt ihren Großvater, den in Frankfurt geborenen Sanitätsrat Dr. med. Bruno Claus. Die Familie Claus stammte aus Frankfurt und brachte Handelsleute, Geistliche, Lehrer sowie Handwerker hervor. Dr. med. Bruno Claus wurde promoviert und ist im Frankfurter Jahrbuch von 1837 als lutherischer Bürgersohn und „praktischer Arzt” verzeichnet.

Aufgrund der Zugehörigkeit „Dr. Claus stamme aus einer alten Frankfurter Familie”, überwies das Städel das Gemälde im Juni 1941 an das Stadtgeschichtliche Museum.
Matthias Radermacher war ein deutscher Portraitmaler der 19. Jahrhunderts. Das Portrait des Dr. Bruno Claus zeigt den Dargestellten mit einem kurzen, dunkelblonden Backenbart und halblangem, gescheiteltem Haar. Er trägt einen schwarzen Rock mit schwarzer Binde und eine tief ausgeschnittene Weste mit weißer Hemdbrust.
 
Matthias Radermacher (1804–1890), Porträt Dr. Bruno Claus, 1846 Öl auf Leinwand, 62 x 53 cm, Signatur: Radermacher 1846, Überweisung des Städelschen Kunstinstituts. Zugangsnummer: 1941.6, B 1826

Das Historische Museum Frankfurt, damals noch Stadtgeschichtliches Museum, erwarb 1935 das Gemälde zusammen mit einem Pendant (Justus Juncker, Speisestillleben mit Fayencekrug, 1746, B1620). Gekauft wurde sie von der Frankfurter Kunsthandlung Mario Uzielli, dessen gleichnamiger jüdischer Inhaber im selben Jahr gezwungen wurde, sein Geschäft aufzugeben. Die Reichskammer der Bildenden Künste Berlin hatte Uzielli vier Wochen Zeit gegeben, seinen Bestand von Kunstwerken und Büchern zu veräußern. Aufgrund der kurzen Frist und dem Überangebot auf dem Kunstmarkt – etliche jüdische Sammler und Händler waren in dieser Zeit genötigt, ihren Besitz zu veräußern, um eine Flucht ins Ausland finanzieren zu können – musste Mario Uzielli seinen Bestand zu sehr niedrigen Preisen anbieten. So erhielt er nur einen Bruchteil des tatsächlichen Werts.

Im Jahr nach der Liquidierung seines Geschäfts wanderte der gebürtige Frankfurter mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in die Schweiz aus. Ein sogenannter „arischer” Kunsthändler aus Frankfurt übernahm die Räumlichkeiten Uziellis und seine zurückgelassenen Lagerbestände und führte die Kunsthandlung unter neuem Namen weiter. Uzielli kehrte nicht nach Frankfurt zurück, sondern verstarb 1973 in der Schweiz.
 
Justus Juncker, Speisestillleben mit Flasche, Öl auf Birnbaum, 39,4 x 48,4 cm, 1746, Inv.-Nr. B1619; CC-BY-SA 4.0: HMF

Seit Sommer 2012 werden in den renovierten Altbauten des Historischen Museums bedeutende Frankfurter Sammlerpersönlichkeiten vorgestellt. Zu ihnen gehört der jüdische Bankier, Kunstfreund und Stifter Julius Heyman (1863-1925). Im Jahr 1925 vermachte er sein Privatmuseum in der Palmstraße 16 mit einer sehr sorgfältig zusammengetragenen Gemälde-, Skulpturen- und Kunstgewerbesammlung der Stadt Frankfurt. Diese Stiftung war mit einer Auflage verbunden: Die Sammlung sollte als Einheit bewahrt und der Öffentlichkeit weiterhin zugänglich sein. Trotz dieser Bestimmung wurde sein Museum 1940 aufgelöst und die Objekte auf mehrere städtische Museen verteilt. Teilweise wurden sie sogar über den Kunsthandel veräußert. Diese Sammlung zu rekonstruieren und verschollene Stücke aufzuspüren, ist ein Ziel der Provenienzforschung am Historischen Museum Frankfurt.

Ein Sammlungsschwerpunkt Heymans waren wertvolle Glasmalereien aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Von den 36 Objekten, die in einem Inventarbuch der Heyman-Sammlung erfasst sind, war bis vor kurzem nur ein einziges bekannt und im Historischen Museum auch nachweisbar: Die Wappenscheibe des Johann von Hattstein, angefertigt von dem wichtigsten Basler Glaskünstler Anthony Glaser (um 1505-1551). Diese Glasmalerei hatte Heyman 1911 auf der Auktion Lord Sudeley in München erworben. Dank der freundlichen Unterstützung der Kolleginnen des Schweizerischen Nationalmuseums Zürich ist es nun gelungen, ein zugehöriges Pendant zu identifizieren. Die Wappenscheibe mit der Darstellung des Hl. Hieronymus und dem Wappen von Betschlin aus dem Jahr 1540 stammt aus dem Besitz von Julius Heyman und ist im Inventarbuch mit der Nummer 771 gelistet. Wir wissen mittlerweile, dass 1943 in der Schweiz weitere Glasscheiben aus der Sammlung Heyman von renommierten Kunsthändlern angeboten wurden. Diese Spur wird nun weiter verfolgt.

Das Gemälde "Sommer, Frau mit Kind", welches in den 1950er Jahren in den Besitz des Museums gelangte, war bis in die späten 1930er Jahre Teil der Sammlung der Frankfurter Familie Ullmann. Aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln und der daraus resultierenden Repressalien durch die Nationalsozialisten sah sich die Witwe Hedwig Ullmann jedoch gezwungen, Deutschland zu verlassen. Über Italien emigrierte sie gemeinsam mit ihren beiden erwachsenen Söhnen und deren Familien nach Australien. Zuvor war sie genötigt, einen Teil ihrer umfangreichen Kunst- und Kunsthandwerkssammlung zu veräußern, unter anderem auch den „Sommer" von Hans Thoma.

Im Dezember 2013 wurde das Gemälde an die Erben restituiert.