Das Schandbild der sogenannten Frankfurter Judensau
Die seit dem Mittelalter im ganzen deutschsprachigen Raum verbreitete Darstellung der „Judensau“ machte Juden mit allen erdenklichen Mitteln schlecht.
Die auf der Glasscheibe dargestellten Personen werden bei unterschiedlichen unappetitlichen Handlungen gezeigt – ausgerechnet an einem Schwein, das im Judentum als unrein gilt. Angetrieben werden sie dabei vom Teufel selbst. Das Bild der „Judensau“ wurde häufig an oder in Kirchen, aber auch im öffentlichen Raum angebracht und seit Erfindung des Buchdrucks auch auf Flugblätter gedruckt, um damit das Judentum als schmutzig und lächerlich herabzusetzen.
In Frankfurt wurde die Darstellung vermutlich Anfang des 16. Jahrhunderts als Wandbild am nördlichen Turm der Alten Brücke angebracht. Auftraggeber war wahrscheinlich der Rat der Stadt. Es wurde bis ins 18. Jahrhundert immer wieder erneuert. Aufgrund von Protesten der jüdischen Gemeinde wurde es aber auch zeitweise zugehängt. Gerade in Zeiten der Messe oder von Kaiserwahlen befürchtete man, dass die Darstellung antijüdische Gewalt auslösen könnte.
Das hier gezeigte Glasgemälde war sicher gut sichtbar in das Fenster eines Bürgerhauses eingesetzt. Die gezeigten Personen sind an ihrer „Judentracht“ und dem gelben Ring auf ihrer Kleidung als Juden zu erkennen. Die Inschrift bedeutet: „Im Jahre 1474 wurde das zweieinhalbjährige Kindlein Simon von Trient von Juden umgebracht“. Sie und der gefesselte Leichnam eines Kleinkindes stellen einen Zusammenhang zu einer weit verbreiteten antijüdischen Ritualmord-Legende her.
Die Entstehung des Glasgemäldes fällt in eine Zeit der Bedrohung für die Frankfurter Juden. Eine Auseinandersetzung zwischen Rat und Zünften gipfelte 1612 im „Fettmilch-Aufstand“, in dessen Verlauf unter Führung des Lebkuchenbäckers Vincenz Fettmilch die Judengasse geplündert und ihre Bewohner vertrieben wurden. Am Ende griff Kaiser Matthias ein und sorgte für die Rückkehr der Juden in ihren Wohnbezirk.